Türsicherheit im Test: Welche Schlösser wirklich schützen

Die Haustür ist der häufigste Angriffsweg für Einbrecher. Laut polizeilicher Kriminalstatistik erfolgen rund 40% aller Einbrüche über die Eingangstür. Gleichzeitig werden die Methoden der Einbrecher immer raffinierter – vom einfachen Aufhebeln bis hin zu Picking- und Bumping-Techniken. Doch wie gut schützen gängige Türschlösser tatsächlich? Wir haben verschiedene Modelle unter realistischen Bedingungen getestet.
Die Testkriterien: So haben wir geprüft
Um einen aussagekräftigen Vergleich zu ermöglichen, haben wir alle Schlösser nach denselben Kriterien bewertet:
- Widerstandsfähigkeit gegen Aufbruchmethoden: Picking, Bumping, Bohren, Ziehen und Abbrechen
- Einbruchhemmende Eigenschaften: Schutzbeschläge, Sicherungsstifte, Verstärkungen
- Zertifizierungen: DIN-, EN- und VdS-Normen
- Alltagstauglichkeit: Bedienkomfort, Langlebigkeit, Wartungsaufwand
- Preis-Leistungs-Verhältnis: Sicherheitswert im Verhältnis zum Anschaffungspreis
Der Test wurde in Zusammenarbeit mit zertifizierten Schlossern und ehemaligen Ermittlern der Polizei durchgeführt, die mit den gängigsten Einbruchmethoden vertraut sind.
Die häufigsten Angriffsarten auf Türschlösser
Um die Testergebnisse besser einordnen zu können, erklären wir zunächst die häufigsten Methoden, mit denen Einbrecher Türschlösser überwinden:
Aufhebeln
Die einfachste und häufigste Methode. Mit einem Hebelwerkzeug wird zwischen Tür und Rahmen angesetzt und die Verriegelung aufgebrochen. Besonders anfällig sind Türen mit einfachen Schlossriegeln ohne Mehrfachverriegelung.
Picking
Mit speziellen Werkzeugen werden die Stifte im Schließzylinder einzeln in die richtige Position gebracht, um das Schloss ohne Schlüssel zu öffnen. Diese Methode hinterlässt kaum Spuren und wird vor allem bei einfacheren Schließzylindern angewendet.
Bumping
Bei dieser Methode wird ein speziell präparierter Schlüssel in den Zylinder eingeführt und durch einen gezielten Schlag in Drehbewegung versetzt. Der Schock überwindet die Federmechanismen im Zylinder. Viele Standardzylinder sind gegen diese Methode nicht geschützt.
Bohren
Der Schließzylinder wird an einer strategischen Stelle aufgebohrt, um den Schließmechanismus zu manipulieren. Hochwertige Schlösser verfügen über Bohrschutz in Form gehärteter Stifte oder Stahleinlagen.
Ziehen
Mit speziellen Werkzeugen wird der gesamte Schließzylinder aus der Tür gezogen. Schutzbeschläge und Zylinderabdeckungen können diese Methode erschweren.
Die Testergebnisse: So schlagen sich die verschiedenen Schlosssysteme
Einfache Standardzylinder (Klasse A)
Getestete Modelle: No-Name-Produkte und Budget-Modelle unter 30 Euro
Sicherheitsbewertung: ★☆☆☆☆ (mangelhaft)
Diese Schlösser bieten praktisch keinen wirksamen Einbruchschutz. Sie können in der Regel innerhalb von Sekunden mit einfachen Werkzeugen überwunden werden. Besonders anfällig sind sie für Bumping und Picking. Von diesen Modellen ist dringend abzuraten.
Schwachstellen:
- Kein Schutz gegen Picking und Bumping
- Kein Bohrschutz
- Geringe Materialqualität
- Keine Sicherheitszertifikate
Mittlere Sicherheitsklasse (Klasse B)
Getestete Modelle: ABUS EC550, CES WZ5, ISEO R7
Sicherheitsbewertung: ★★★☆☆ (befriedigend)
Diese Zylinder bieten einen grundlegenden Schutz gegen einfache Angriffsmethoden. Sie verfügen über erste Sicherheitsmerkmale wie Picking-Schutz und teilweise Bohrschutz. Für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mit zusätzlicher Außentür stellen sie eine angemessene Lösung dar.
Sicherheitsmerkmale:
- Grundlegender Picking-Schutz
- Teilweise Bumping-Schutz
- Einfacher Bohrschutz
- Sicherheitsrelevante Patente
Gehobene Sicherheit (Klasse C)
Getestete Modelle: ABUS Bravus 3000, DOM ix Twinstar, EVVA ICS
Sicherheitsbewertung: ★★★★☆ (gut)
Diese Zylinder bieten einen hohen Schutz gegen die meisten gängigen Angriffsmethoden. Sie zeichnen sich durch komplexe Schließmechanismen, mehrfache Bohrschutzelemente und spezielle Stifte gegen Picking und Bumping aus. Für Einfamilienhäuser und exponierte Wohnungen stellen sie eine gute Wahl dar.
Sicherheitsmerkmale:
- Hoher Picking- und Bumping-Schutz
- Mehrfacher Bohrschutz
- Ziehschutz
- VdS-Zertifizierung Klasse A oder B
- Patentierte Schließsysteme mit Kopierschutz
Hochsicherheit (Klasse D+)
Getestete Modelle: DOM Diamant, EVVA 4KS, Kaba experT pluS
Sicherheitsbewertung: ★★★★★ (sehr gut)
Diese Premium-Schließsysteme bieten maximalen Schutz gegen alle bekannten Angriffsmethoden. Sie verfügen über mehrfache Sicherheitsfeatures, spezielle Materialien und höchste Präzision in der Fertigung. Für besonders gefährdete Objekte oder Häuser mit hochwertiger Ausstattung sind sie die erste Wahl.
Sicherheitsmerkmale:
- Maximaler Schutz gegen alle mechanischen Angriffsmethoden
- Patentierte Sondersysteme ohne typische Schwachstellen
- VdS-Zertifizierung Klasse B+ oder C
- Kopierschutz durch Spezialschlüssel mit beweglichen Elementen
- Integrierte Manipulationserkennung
Elektronische Schließsysteme
Getestete Modelle: SimonsVoss MobileKey, DOM ENiQ, ABUS wAppLoxx
Sicherheitsbewertung: ★★★★☆ (gut bis sehr gut, abhängig vom Modell)
Elektronische Schließsysteme bieten neben hoher mechanischer Sicherheit zusätzliche Funktionen wie zeitlich begrenzte Zugangsrechte, Protokollierung und Fernverwaltung. Sie sind besonders für Nutzer interessant, die ein Smart Home-Konzept verfolgen oder flexible Zugangsrechte benötigen.
Sicherheitsmerkmale:
- Hochwertige mechanische Grundsicherung
- Verschlüsselte digitale Kommunikation
- Verschiedene Authentifizierungsmethoden (PIN, Karte, Biometrie)
- Protokollierung aller Zutrittsereignisse
- Zeitlich begrenzte oder personalisierte Zugangsrechte
Fazit: Darauf sollten Sie beim Kauf eines Türschlosses achten
Unser Test zeigt deutlich: Bei Türschlössern gibt es massive Qualitäts- und Sicherheitsunterschiede. Während Billigprodukte praktisch keinen wirksamen Schutz bieten, können hochwertige Systeme Einbrecher effektiv abhalten.
Für die meisten Privatanwender empfehlen wir mindestens Schlösser der gehobenen Sicherheitsklasse C mit VdS-Zertifizierung. Diese bieten einen guten Kompromiss aus hoher Sicherheit und vertretbarem Preis. Für besonders exponierte Objekte oder bei erhöhtem Sicherheitsbedürfnis sollte in Schlösser der Hochsicherheitsklasse D+ investiert werden.
Neben dem Schließzylinder selbst ist jedoch auch das Zusammenspiel mit anderen Komponenten wichtig:
- Türblatt und Rahmen müssen ausreichend stabil sein
- Beschläge sollten den Zylinder wirksam schützen (mindestens Klasse ES1 nach DIN 18257)
- Mehrfachverriegelung erhöht den Widerstand gegen Aufhebelversuche erheblich
- Türbänder/Scharniere müssen gesichert oder auf der Innenseite angebracht sein
Als zertifizierte Sicherheitsexperten beraten wir Sie gerne zur optimalen Türsicherheit für Ihr Zuhause. Wir empfehlen eine persönliche Sicherheitsberatung vor Ort, bei der alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden können.
Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Beratung zu Ihren Türsicherheitsoptionen.
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